Bei Hildebrandshausen sind innerhalb der Eichenberg-Gotha-Saalfeld-Störungszone Schichten des „Unteren“ und „Mittleren“ Keuper grabenartig abgesenkt. Südlich der Ortschaft Hildebrandshausen treten Schichten des Mittleren Muschelkalk von Süden an die südwestliche Randstörung der Grabenzone heran. In einem kleinen Aufschluss, der als geologisches Naturdenkmal (Geotop) unter Schutz gestellt ist, sind höhere Teil des Mittleren Wellenkalks und der Bereich der Terebratelbänke aufgeschlossen. Dem Aufschluß bei Hildebrandshausen kommt weniger eine stratigraphische, sondern überwiegend eine tektonische Bedeutung zu. Die Schichten streichen Nordwest-Südost und fallen überwiegend zwischen etwa 40 ° und 55 ° nach Südwesten ein. Örtlich ist eine Versteilung festzustellen (siehe auch Foto und Grafik). Der Schichtstapel ist also nicht zur Störung hin, sondern entgegengesetzt, d.h. „antithetisch“ eingekippt.
Der größte Teil des Stoßes ist von einer flachen Störung durchzogen, die im Anschnitt fast söhlig erscheint und mit etwa 6 ° nach Nordnordosten einfällt. An dieser Störung ist die hangende Scholle – erkennbar an den Terebratelbänken – um etwa 6 m nach Nordosten (in der Aufsicht auf die Aufschlusswand nach links) versetzt. Von der Störung zweigt ein Trum spitzwinklig ins Liegende ab – die Subterebratelbank ist hier um etwa 0,30 m versetzt. Die Ruptur geht im Wellenkalk in eine Schichtverbiegung über. Im Hangenden der flachen Hauptstörung sind kleinere nordwest-fallende Störungen zu beobachten, die nach oben hin versteilen. Sie haben Überschiebungs- bzw. Aufschiebungscharakter. Ihre Bewegungsrichtung ist der der „Hauptstörung“ entgegengesetzt.
Im nordnordöstlichen, in der Aufsicht linken Abschnitt des Stoßes wird die flache Hauptstörung von einer Nordwest – Südost streichenden und etwa mit 63 – 75 ° einfallenden Störung abgeschnitten. Die Schleppung der Schichten in Annäherung an die Bewegungsfläche deutet darauf hin, dass die nordöstliche Scholle relativ aufwärts bewegt worden ist. Mit Kalkspat gefüllte Klüfte in der Nachbarschaft der Störung, die im Maximum Nordwest – Südost streichen und um 30 – 40 ° nach Nordnordosten einfallen, können als Fiederklüfte gedeutet werden.
Der Aufschluss und sein tektonisches Inventar wurden ausführlich von Patzelt (1992) beschrieben und auch ein Deutungsversuch der tektonischen Strukturen gegeben. Danach könnte die jetzt flache „Hauptstörung“ und die benachbarten – entgegengesetzt bewegten „Aufschiebungen – zu einer Zeit entstanden sein, als die Schichten noch flach lagerten. Sie hätten gemeinsam einen Y-Graben gebildet und wären durch die Einkippung der Schichten in ihre heutige Lage rotiert.
Quellenangabe: (Text: H.-Gerd Röhling; nach Patzelt 1992, 1994, 1995 sowie Patzelt et al. 2002).
Foto: (H.-Gerd Röhling).
Grafik: (aus Patzelt 1992).
Weiterführende Literatur:
Patzelt, G. (1992): Ein tektonisch interessanter Aufschluß bei Hildebrandshausen. – Mühlhäuser Beitr., 15: 9 – 18; Mühlhausen.
Patzelt, G. (1994): Streifzüge durch die Erdgeschichte Nordwestthüringens. Geologischer Abriß und Exkursionsführer. Gotha (Justus Perthes).
Patzelt, G. (1995): Ein tektonisch interessanter Aufschluß bei Hildebrandshausen (Kreis Mühlhausen. – Mühlhäuser Beiträge, H. 15: 9 – 18; Mühlhausen.
Patzelt, G., Kästner, H., Röhling, H.-G., Braniek, G. & Walther, W. (2002): 3. Exkursion. In: Thüringischer Geologischer Verein, Exkursionsführer: Die Geologie von Nordwest-Thüringen, 12. Jahreshauptversammlung Mühlhausen/Thüringen, 28 – 46; Jena.